Definition
Die Nesselsucht ist eine der häufigsten Erkrankungen der Haut. Sie ist umgangssprachlich auch unter dem Namen Nesselfieber bekannt, der medizinische Begriff für die Nesselsucht lautet Urtikaria.
Fotos von Betroffenen mit typischen Symptomen wie Quaddeln und Angioödemen
Was sind Quaddeln?
Bei einer Urtikaria treten an der Haut im Bereich bestimmter Regionen oder am gesamten Körper Quaddeln („Nesseln“) auf. Quaddeln sind kleine Erhebungen auf der Haut, die meist rötlich sind und von Juckreiz begleitet werden. Sie entsprechen dem Hautbild, das nach Kontakt mit einer Brennnessel auftritt, daher der Name Nesselfieber. Ein typisches Merkmal von Quaddeln ist ihre Flüchtigkeit, das heißt, sie bleiben nur für einige Stunden an einer Körperstelle bestehen und hinterlassen keine Spuren, wenn sie sich zurückgebildet haben.
Was sind Angioödeme?
Neben den Quaddeln können auch tiefer liegende Schwellungen der Haut auftreten, sogenannte Angioödeme. Diese kommen häufig im Gesicht, an den Händen, Füßen oder im Genitalbereich vor. Einige Betroffene berichten dabei über ein bis zu zwei Tage anhaltendes, schmerzhaftes Brennen mit nur wenig Juckreiz in diesem Bereich. Bei einigen Urtikaria-Patient:innen kommt es ausschließlich zu Angioödemen. Zumeist treten jedoch wiederkehrende Quaddeln und Angioödeme auf.
Krankheitsdauer und Ursachen
Ungefähr jeder vierte Mensch bekommt im Laufe seines Lebens eine Urtikaria. Diese dauert häufig nur wenige Tage oder Wochen an und verläuft unproblematisch. Diese kurzzeitig andauernde Form der Urtikaria (< 6 Wochen) wird als akute Urtikaria bezeichnet. Weitaus schwieriger zu ertragen ist die Urtikaria, wenn sie über mehrere Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte besteht. Eine Urtikaria, die länger als sechs Wochen andauert, wird als „chronische Urtikaria“ bezeichnet.
Wichtig ist, dass neben akut und chronisch noch zwischen der spontanen Urtikaria und den induzierbaren Urtikariaformen unterschieden wird. Bei einer induzierbaren Urtikaria treten Beschwerden nur dann auf, wenn ein ganz bestimmter Auslöser vorhanden ist, bei Kälteurtikaria ist das z.B. der Kältekontakt. Beschwerden treten also nur und immer dann auf, wenn die Haut mit Kälte in Kontakt kommt. Bei der spontanen Urtikaria gibt es solche definitiven Auslöser nicht. Die Quaddeln und Angioödeme treten hier spontan, sozusagen aus heiterem Himmel auf, scheinbar wann und wo sie wollen.
Urtikaria ist keine Allergie!
Eine akute Urtikaria kann in seltenen Fällen auf einer allergischen Reaktion beruhen, meistens bleibt der Grund für das Auftreten einer akuten Urtikaria jedoch unklar (idiopathisch). In manchen Fällen führen Infekte oder die Einnahme bestimmter Medikamente zu einer akuten Urtikaria. Auch bei der chronischen Urtikaria ist man lange Zeit davon ausgegangen, dass es sich um eine Allergie handelt. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn weder die chronische spontane Form noch die chronische induzierbare Form sind Allergien. Das mag auf den ersten Blick überraschen, denn die Beschwerden der Urtikaria an der Haut sind denen von Allergiepatient:innen sehr ähnlich. Beide suchen nicht selten zunächst Rat bei Allergolog:innen, und beide werden häufig mit den gleichen Medikamenten behandelt. Dies liegt daran, dass die Beschwerden der chronischen Urtikaria, genau wie die Beschwerden von allergischen Erkrankungen, durch die Allergiezellen, den sogenannten Mastzellen ausgelöst werden. Bei beiden Erkrankungen werden Mastzellen aktiviert und setzen Histamin und andere Entzündungsstoffe frei.
Bei Allergiker:innen geschieht dies durch den Kontakt mit einem Allergen in Form von Einatmen, Essen oder Berühren, also einem Stoff aus der Umwelt, gegen den man allergisch geworden ist.
Bei Patient:innen mit chronischer Urtikaria geschieht dies durch Autoantikörper, also körpereigene Eiweiße, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Diagnostik und das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten. Bei Allergiker:innen werden Allergietests durchgeführt, um die Allergie zu bestätigen. Das ist bei Patient:innen mit chronischer Urtikaria nicht sinnvoll. Bei Allergien kann eine sogenannte Hyposensibilisierung, also die Gewöhnung des Körpers an den Umweltstoff gegen den man allergisch ist, sinnvoll und möglich sein. Das ist bei chronischer Urtikaria nicht der Fall.
Einen Überblick über die Unterschiede zwischen Urtikaria und Allergie liefern die folgenden Gegenüberstellungen:
UrtikariaEine der häufigsten Erkrankungen der Haut, bei der Quaddeln und/oder Angioödeme (Schwellungen) auftreten. | AllergieDas Immunsystem reagiert auf vermeintlich harmlose Allergene, also körperfremde Stoffe wie z. B. Nahrungsmittel oder Pollen. |
UrtikariaAutoantikörper, d. h. körpereigene Substanzen, die Mastzellen der Haut ohne erkennbaren Grund oder durch physikalische Reize wie z. B. Druck, Reibung, Kälte oder Sonnenlicht aktivieren oder in sehr seltenen Fällen eine zugrundeliegende Allergie. | AllergieEin Allergen, also eine Substanz aus der Umwelt, die über das Einatmen, Essen oder Berühren in Kontakt mit dem Körper kommt; durch diesen sogenannten Trigger werden je nach Allergietyp verschiedene Zellen des Immunsystems (z. B. Mastzelle oder T-Zelle) aktiviert und eine allergische Reaktion wird ausgelöst. |
UrtikariaQuaddeln, Angioödeme, Rötung der Haut, Juckreiz, seltener Kopf-, Gelenk-, Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit, Durchfall, Gefühl der Verengung des Brustbereiches | AllergieQuaddeln, Angioödeme, Rötung der Haut, Juckreiz, Schnupfen, Husten, Nießen, Hautausschlag, tränende Augen, Augenjucken, Probleme bei der Atmung, Schwellungen der Schleimhäute, Magen-Darm-Probleme |
UrtikariaDermatolog:in, Allergolog:in. | AllergieDermatolog:in, Allergolog:in. |
Urtikariaggf. Provokationstests, bekannte Auslöser meiden (nur bei induzierbaren Urtikariaformen), Untersuchungen im Labor, Einnahme von Antihistaminika und/oder Omalizumab | AllergieAllergietests, Hypo- oder De-sensibilisierungen, Einnahme von Antihistaminika |